Eine kleine Geschichte des Schlafens

Seit Jahrtausenden gibt der Schlaf den Menschen Rätsel auf. Er kommt und geht, wann er will. Entführt uns in paradiesische oder aber furchteinflößende Traumwelten. Er nimmt uns die Kontrolle über unser Bewusstsein und über unseren Körper. Entzieht sich unserem logischen Verständnis und versetzt uns in einen Zustand der Schutzlosigkeit. Kein Wunder also, dass der Schlaf lange Zeit mit Misstrauen und bisweilen auch mit Furcht beäugt wurde.

Die Griechen bezeichneten den Schlaf als „kleinen Bruder des Todes“. In der Mythologie waren der Gott des Schlafes, Hypnos, – von dem sich heute noch die Hypnose ableitet – und der Gott des Todes, Thanatos, gleichsam Söhne der Nachtgöttin Nyx und lebten beide in der Unterwelt. Auch im antiken Rom sah man den Schlaf in direktem Zusammenhang mit dem Tod. Der römische Dichter Ovid spricht von ihm als „Abbild des Todes“. Heute würde man wohl sagen, der Schlaf hatte in der Antike ein Imageproblem.

Doch nicht nur das Bild vom Schlaf hat sich seit der Antike stark gewandelt, auch das Schlafverhalten an sich. So war es seit der Antike bis weit ins 18./19. Jahrhundert üblich zusammen mit Verwandten und  Angestellten in einem Raum zu nächtigen. Derselbe Raum wurde tagsüber für Alltagsgeschäfte genutzt. Nicht selten schlief man sogar im selben Bett. Zimmer, die eigens zum Zweck des Schlafens eingerichtet wurden, führte man zunächst an den Königshöfen des 17. Jahrhunderts ein. Prominent machte das Schlafzimmer vor allem der französische Sonnenkönig, Ludwig XIV., von dem es heißt, er solle sogar Staatsgäste von seinem Bett aus empfangen haben. Dass jeder in seinem eigenen Zimmer und im eigenen Bett schläft, setzte sich jedoch erst nach dem 2. Weltkrieg durch.

Auch ein 8-Stunden-Schlaf ohne Unterbrechung, war nicht immer der gepredigte ideale Schlafrhythmus. Von der Antike bis in die Neuzeit waren stundenlange Unterbrechungen des nächtlichen Schlafes üblich und wurden auch produktiv genutzt. Der romantische Dichter Jean-Paul schwärmt sogar, dass wir „nie schärfer denken und reicher empfinden als in der Nacht“ und lobt das Bett als besten Ort „geistiger Sonntaggeburten“.

Mit der Industrialisierung wird der Schlaf jedoch zum notwendigen Übel. Maschinen können pausenlos arbeiten, auch nachts. Der Mensch jedoch ermüdet. Es kommt die Idee auf, der Schlaf müsse effektiv sein, um die Produktivität der Menschen am Tag zu erhöhen. Nicht länger als nötig möglichst tief und lückenlos durchschlafen, um für die Arbeit wieder lange einsetzbar zu sein. Das war die Devise.

Heute erfreut sich der Schlaf einem positiven Image als Heiler, Schönheitsbringer, Schlankmacher und Stressabbauer. Trotz der intensiven Erforschung von Schlaf haben wir jedoch noch lange nicht alle Rätsel um das Mysterium „Schlaf“ gelöst.